Soll man wildlebende Katzen füttern?

Das ist eine häufig gestellte Frage, die aber nicht mit JA oder NEIN beantwortet werden kann.

Man soll natürlich nicht, aber man darf. Wenn man einige Regeln beachtet, ist es jedenfalls im Sinne der Tiere.

Wenn nur ein begrenztes Budget vorhanden ist, ist die Kastration weiblicher Katzen am wichtigsten. Alles andere, wie die Kastration von Katern, Füttern und impfen, ist, biologisch gesehen, nebensächlich. Aber es schadet nichts und für das Einzeltier ist es gut.

Für richtiges Füttern ist es wichtig

– nur die Katzen zu füttern, die man sieht, nicht einfach Futter hinstellen (sonst füttern man unabsichtlich unkastrierte Katzen, Füchse, Ratten und viele andere Tiere mit),

– nicht mehr als 3 Katzen an einer Stelle (wenn mehr Tiere da sind, mehrere Futterplätze einrichten),

– jede Katze aus einem eigenen Napf füttern, sonst trägt man zur Verbreitung von Krankheiten bei.

Füttern ist meistens die Voraussetzung dafür, die Tiere überhaupt einfangen zu können. Kastrieren ohne Füttern dürfte kaum klappen.

Für viele Katzen ist Draußen leben und gefüttert werden eine ziemlich ideale Lebensform. Noch besser ist nur Hausanschluss mit frei verfügbarer Katzenklappe, aber viele wildlebende Katzen sind scheu und wollen gar nicht ins Haus.

Fragen dazu:
> Sorgt man damit nicht dafür, dass es – trotz Kastration – immer mehr werden, weil das Futterangebot gegeben ist?
Mehr Katzen werden es nicht, wenn die Weibchen kastriert sind.

> Stehe ich damit nicht einer natürlichen Selektion im Weg?
Selbstverständlich. Aber Katzen sind ja Haustiere, und natürlicherweise in unseren Breiten sowieso nicht heimisch. Bereits dass sie hier sind hat seine Ursache in einem Eingriff des Menschen in die Natur.

> Setze ich nicht mit Futterplätzen einen Teufelskreis in Gang, den ich doch letztendlich zu durchbrechen versuche?
Wenn man richtig füttert nicht. Katzen leben ungern in großer Dichte, wenn sie die Wahl haben.

> Verlasse ich mich auf eine natürliche Selektion, hieße das in letzter Konsequenz, dass die schwächeren und kleinsten der Katzen dieser zum Opfer fallen, was jedoch – so schwer uns das manchmal zu akzeptieren fällt – nun einmal Natur ist.
Wenn Sie das nicht stört und Sie nicht wollen, müssen Sie ja nicht füttern. Anderen Katzenliebhabern macht aber das Füttern viel Spaß, oder ihnen tun die Tiere leid. Das ist allerdings oft unnötig, viele wildlebende Hauskatzen haben eine reichliche Auswahl an Futterplätzen und fühlen sich sehr wohl.

> Allerdings gehe ich ja auch nicht in den Wald und füttere Marder, Dachse und Hasen …
Sie vielleicht nicht, aber viele Leute füttern gern Singvögel, Enten, Eichhörnchen, Füchse, Igel oder Waschbären. Manche füttern auch Wildschweine oder (in den USA) Bären, davon würde ich aber abraten. 😉

Biologisch gesehen ist das Füttern von Wildtieren nicht sinnvoll. Es macht aber den Leuten Spaß und fördert z.T. ihre Naturverbundenheit.

> Aber die meisten der draußen lebenden Katzen sind doch bereits wild geboren?
Ja.

> Müsste man sie dann nicht automatisch wie Wildtiere behandeln?
Hm, darüber kann man sicherlich streiten. Ich würde es nicht tun – a) weil Hauskatzen, die von den ägyptischen Falbkatzen abstammen, hier gar nicht heimisch sind, b) weil die Grenze zu „richtigen“ Hauskatzen fließend ist, d.h. wildgeborene Katzen schließen sich z.T. Menschen an (ich habe so eine).

> Einzeln füttern geht nicht. Die Katzen sind unheimlich scheu und kommen erst, wenn niemand mehr da ist.
Dann würde ich empfehlen, das Futter auf die Menge von 2-3 Tieren je Stelle abzustimmen – sonst schafft man in der Tat neue Probleme. Das bevorzugt zwar weniger scheue Tiere, aber das finde ich ok. Das Ziel sollte sein, wenige Katzen zu haben, die sich sehen lassen und gezielt gefüttert werden können.

Wenn sich die Katzen gar nicht blicken lassen, aber trotzdem gefüttert werden sollen, kleine Näpfe verwenden. (So wie die Portionsschälchen von z.B. Whiskas oder Sheba.)

> Es geht ja nicht darum, ob es jemandem Spaß macht oder nicht. Es geht darum, ob es sinnvoll ist.
Biologisch sinnvoll ist es nicht. Tierschutz-sinnvoll schon, aber nur in Maßen, nicht in Massen. Nötig ist es aber nicht. Wenn es niemandem Spaß macht zu füttern und alle Katzen kastriert sind, kann man es auch lassen. Aber diese Situation habe ich noch nie angetroffen. 😉

> Und ob man sich damit nicht ein Problem künstlich schafft, das ohne solche Futterstellen vielleicht in der Art gar nicht bestehen würde?
Große, ungeregelte Futterstellen können tatsächlich Probleme schaffen, die es ohne sie nicht gäbe.

Futterstellen mit vielen Katzen, wo alles Futter findet was kommt, sind eine große Ansteckungsquelle für Infektionskrankheiten. Ich habe für mein Katzenprojekt zwei Gebiete verglichen, in dem einen wurden Katzen/gruppen von 1-3 Tiere gezielt gefüttert, in dem anderen wurde einfach Futter hingestellt. Im zweiten Gebiet waren alle Katzen krank bzw. mit Krankheiten infiziert, und die Sterblichkeit war sehr hoch. Dort ist es auch nie gelungen, alle Tiere zu kastrieren, weil immer neue dazukamen. So eine Situation ist natürlich auch für die Katzen nicht gut, also nicht tierschutzgerecht. Außerdem gab es in der Gegend viele Katzenhasser, weil die herumstehenden Futternäpfe auch Fliegen, Ratten, Elstern und Krähen angelockt haben. Unter den Katzenhassern hatten dann die Katzen zu leiden, z.T. wurden sie mit Steinen beworfen u. ä. Im ersten Gebiet waren alle Katzen kastriert, wurden z.T. sehr alt und es gab kaum Ärger mit den Anwohnern, die meisten wussten gar nicht, dass dort Katzen lebten.

> Und wie wäre das, wenn es gar keine Futterplätze gäbe? Würden Katzen genug Mäuse & Co. finden?
Einige ja. Die anderen würden abwandern. Dabei verunglücken natürlich auch ein Teil der Tiere, das passiert aber bei gefütterten Katzen und Hauskatzen mit Freigang auch. Einige finden neue Stellen, entweder mit Mäusen oder mit Futter.

Nach meinen Erfahrungen gibt es aber immer Futterstellen, wo Katzen sichtbar unterwegs sind, weil vielen Leuten das Katzenfüttern Spaß macht.

Katzen, die sich gar nicht blicken lassen würde ich nur füttern, um sie zum Kastrieren einfangen zu können. Und danach langsam wieder „abfüttern“, also wenig attraktives Futter (Trockenfutter) hinstellen und unregelmäßig füttern. Dann stellen sie sich wieder auf Selbstversorgung um.

Ich persönlich würde das Füttern weder fördern (außer zum Einfangen) noch den Leuten ausreden wollen, denen es Freude macht. Aus Tierschutzsicht hat aber die Kastration von weiblichen Katzen die oberste Priorität.